Terminologieaufbau – Welche-Termini extrahieren

Wie oft hat man sich schon über die Auswahl der Termini gewundert, die in einer Terminologiedatenbank stehen? Warum hat der Terminologe ein Wort wie Bedienungsanleitung oder ein Verb wie einschalten aufgenommen? Ist es in Ordnung, wenn in der Firmenterminologie allgemeine technische Wörter, Produktnamen oder standardisierte Fehlermeldungen aus einer Software auftauchen?

Keine festen Regeln für Terminologie

Allgemeingültige feste Regeln gibt es nicht. Pragmatische Ziele bestimmen das, was wir als Terminologie aufnehmen. Unterschiedliche Abteilungen oder Mitarbeitergruppen haben unterschiedliche Bedürfnisse nach Terminologie und werden sich für unterschiedliche Termini oder Typen von Termini entscheiden. Je mehr Benutzergruppen involviert sind, desto größer wird die Vielfalt an Termini sein, was ganz neue Herausforderungen an das Terminologiemanagement stellt. Ziele bestimmen nicht nur die Terminologieauswahl, sondern die Metadaten (Attribute, Einsatz- und Verwaltungsinformationen) sowie die Tools, die für die Terminologieverwendung nötig sind. Last but not least bestimmen die Ziele die Budgets und die Ressourcen.

Heißt es nun, dass es wie im “Wilden Westen” zugehen darf? Nein. Die Vielfalt will geordnet sein, sonst findet sich im Dschungel von Informationen, Datenbeständen und Supportsystemen jeglicher Art niemand mehr zurecht. Man braucht also ein Konzept, damit zum einen nicht jeder seine eigene Terminologie separat aufbaut und zum anderen die Benutzer einer gemeinsamen Terminologie nicht überfordert sind. Sie sollen nicht mit einer Unmenge an terminologischen Informationen und Termini konfrontiert werden, die sie teilweise nicht benutzen und die sie mehr verwirren als unterstützen.

Terminologie und Nutzergruppen

Ein technischer Redakteur konzentriert sich vor allem auf die Termini, die für die normgerechte Beschreibung der Bedienung eines Geräts oder einer Software wichtig sind. Der Übersetzer wird zwar weitgehend ähnliche Termini aufnehmen wollen, aber auch solche, die eventuell schwer zu übersetzen sind, in seiner Sprache mehrere Bedeutungen oder produkt- bzw. kontextabhängige Übersetzungsvarianten haben.

Der Produktentwickler wird Termini vorziehen, die für die Umsetzung seiner Entwicklungsaufgaben relevant sind, etwa die in der Benutzeroberfläche vorkommenden Strings oder die Teilebezeichnungen, die für die Konstruktion einer Maschine über den zentralen Einkauf zu bestellen sind.

Der Vertrieb interessiert sich dagegen für Termini, die ihm helfen, seine Kunden zu erreichen. Solche Termini sind nicht unbedingt identisch mit den Termini, die das Unternehmen für die Bezeichnung eigener Produkte und Dienstleistungen verwendet.

Bei der Auswahl der Benennungen stellt sich zuerst die Frage, wie umfangreich die Terminologiesammlung werden soll. Je mehr Begriffe und Benennungen gesammelt werden, desto größer wird der Verwaltungs- und Pflegeaufwand. Auch beim Einsatz der Termini – etwa durch Qualitätssicherungsprogramme für Autoren oder Übersetzer – entsteht Arbeit, denn die Anzahl der Fehlermeldungen, die bearbeitet werden müssen, steigt. Es empfiehlt sich also in der Regel, bei der Auswahl von Termini relativ restriktiv vorzugehen.

Empfehlungen für die Terminologieauswahl

Welche Benennungen kommen infrage? Folgende Hinweise haben sich bewährt:

  • Richtige komplexe Fachbegriffe sind meistens als Terminologiekandidaten unumstritten.
  • Schwieriger wird es bei relativ allgemeinen Fachbegriffen, die zum allgemeinen Wortschatz eines Benutzers gehören sollten, etwa “Manometer” bei einer technisch vorgebildeten Benutzergruppe. Die Entscheidung, den Terminus aufzunehmen, beeinflussen Aspekte wie die Häufigkeit des Begriffs in der Dokumentation bzw. im Produktangebot des Unternehmens, die Möglichkeit von Missverständnissen und Fehlbedienung oder auch potenzielle Übersetzungsfehler in bestimmten Sprachen (z. B. bei kontextabhängigen Übersetzungen).
  • Auch einige allgemeine Wörter können berechtigterweise als Termini gelten. Dazu gehören zuerst einmal häufig vorkommende Wörter wie “Abschnitt”, “Abbildung” oder “Montage”, für die es oft in Deutsch oder in weiteren Sprachen mehrere Alternativen gibt, die in der Dokumentation eine wichtige Rolle spielen. Da Dokumentationen heute häufig aus Redaktionssystemen oder mithilfe von Translation-Memory-Systemen erzeugt werden, möchte man damit sicherstellen, dass über alle Module oder Übersetzungssegmente hinweg eine einzige Variante verwendet wird.
  • Bei Softwarestrings, die oft in mehreren Sprachen benötigt werden, kommen häufig allgemeine Wörter wie “Beenden” vor, die in Software und Dokumentation einheitlich verwendet werden sollen.
  • Ferner kommen Wörter infrage, die eine legale Bedeutung haben. Beispiele: “Gefahr” oder “Hinweis”. Für diese Wörter müssen ganz bestimmte Übersetzungen stehen.
  • Produkt- und Firmennamen, Abteilungsbezeichnungen, Titel und ähnliche offizielle Bezeichnungen können als Termini aufgenommen werden.

Was die Worttypen anbelangt, machen Substantive den Hauptteil von Terminologien aus, aber nichts spricht dagegen, dass andere Worttypen vorkommen: Adverbien (“maschinenseitig”), Adjektive (“bestätigt/unbestätigt”) aber auch Abkürzungen und Akronyme (Abb., SPS) sowie Phrasen (“An Fensterbreite anpassen”). Besonders in Softwareterminologien kommen Phrasen häufig vor, und es ist daher nicht immer leicht zu entscheiden, welche Phrasen zur Terminologie gehören und welche als Segment in einem Translation- Memory (TM) aufgenommen werden sollen. Als Regel ließe sich hier Folgendes anwenden: Strings der Benutzeroberfläche, sofern sie keine kompletten Sätze sind, gelten als Terminologie, während komplette Sätze sowie Softwaremeldungen als Segmente in einem TM zu speichern sind.

Terminologiemanagement und Terminologiedatenbanken

Wie lassen sich die vielfältigen Benennungen für den Redaktions- und Übersetzungsalltag organisieren? Unumstritten ist heute, dass professionelle Terminologiedatenbanken begriffsorientiert sind. Zuerst steht der Begriff als abstraktes Konzept, dann alle möglichen Benennungen, die sich darauf beziehen, alle nach Sprachen zusammengefasst.

Sind einmal alle Begriffe und Benennungen erfasst, liegt die nächste Herausforderung darin, dem Benutzer nur die Informationen anzubieten, die er für seine Arbeit benötigt. Der Verwaltungsmitarbeiter, der Daten in SAP eingibt, muss nicht unbedingt wissen, wie viele Synonyme es für ein bestimmtes Produkt gibt, während diese Information für den Supportmitarbeiter, der ständig Kontakt zu Kunden hat, sehr wichtig sein kann. Abhängig von typischen Nutzungsszenarios ermöglichen Attribute wie Verwendung (erlaubt/ verboten), Publikationstyp (technische Dokumentation/Website/Soziale Medien), Abteilung oder Prozess (Export/Beschaffung) das Herausfiltern der benötigten Informationen und Benennungen. Fortgeschrittene Terminologiemanagementsysteme lassen die Bildung von Nutzergruppen mit individuellen Ansichten zu, sodass jeder die Terminologie sieht, die er braucht. Es ist im Grunde ein ähnliches Verfahren wie die Produktion individueller Dokumentationen aus einem Redaktionssystem.

Nur wenn alle von der Terminologie profitieren, wird sie sich auf die Dauer als ganz normaler Unterstützungsprozess im Unternehmen etablieren können. Bereits im frühen Stadium lohnt es sich, Tools und Methoden auszuwählen, die der Vielfalt der Nutzerprofile und Bedürfnisse gerecht werden.

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