Rezension: Das Internet muss weg. Von Schlecky Silberstein

Dieses Buch von einem Internet-Insider lässt den Leser nicht gleichgültig. Der Titel ist natürlich überspitzt, ganz im Sinne der neuen Kommunikationsformen, die in den sozialen Netzen und im Internet herrschen. Der Autor, der sich seit dem Jahr 2010 als Blogger seine Sporen verdient hat, ist mit dem Geschehen in den sozialen Medien bestens vertraut und informiert uns ausführlich über das, was er das Informationszeitalter nennt. Er schreibt über die Veränderungen, die das Internet für die Kommunikation und auch für die neue Internauten- Generation bringt. Nach der Lektüre des Buches wird niemand mit den gleichen Gefühlen in den sozialen Medien unterwegs sein.

Kostenlos gibt es nicht

Im ersten Abschnitt beschreibt Silberstein, was eigentlich der Motor des Internets ist. Vieles ist ja kostenlos zu haben, schreibt er. Google liefert dem Benutzer Unmengen an Informationen kostenlos, Facebook verlangt keine Mitgliedschaftsgebühr und andere soziale Netzwerke und Plattformen ebenfalls nicht. Da sich sowohl die großen als auch die vielen kleinen Spezialanbieter oder Einzelpersonen finanzieren müssen, stellt sich die Frage, wie sie zu ihren Einnahmen kommen. Und für Silberstein lautet die Antwort: „Wenn es nichts kostet, sind Sie das Produkt“. Im Klartext: Viele Anbieter sammeln Informationen über die Besucher und Nutzer ihrer Webseite, und zwar nicht nur die offensichtlichen Informationen, die ein Nutzer freiwillig von sich gibt, etwa sein Alter oder Geschlecht, sondern Informationen über sein Verhalten und seine Vorlieben. Dank moderner Verfahren der künstlichen Intelligenz, kann relativ schnell ein Profil des Nutzers erstellt werden, das zum Beispiel für den Verkauf von Leistungen an Werbetreibende oder Parteien verwendet wird.

Was passiert mit den gesammelten Informationen?

Es ist erstaunlich, was die Kombination bereits weniger Informationen wie die Lieblingsmusik oder die Lieblingskneipe eines Facebook-Mitgliedes über seine Persönlichkeit aussagt.

Damit die Informationen, die soziale Netzwerke oder andere Internet-Akteure wie Unternehmen, Organisationen oder Zeitungen über Leute sammeln für Abnehmer interessant sind, müssen sie möglichst umfangreich und aktuell sein. Dies erklärt u.a. auch die heutige provokative Form des Journalismus. Manchen ist schon mit Unbehagen aufgefallen, dass zum Beispiel Nachrichtenüberschriften immer provokanter und gleichzeitig inhaltslos werden. Ein Beispiel: „Weltraum-Kommando: Von der Leyen will ins All“ (Bild, 04.09.2018). Der Leser muss dazu verleitet werden, auf den Link zu klicken und entsprechend auf die Information zu reagieren. Likes und Kommentare sind für die Betreiber wertvoll und veredeln das Produkt „Benutzerprofil”. Je mehr Interaktion, desto besser. Auch „Fake News“ gehören zu dieser Kategorie. Sie verstärken die Ansichten der einen Gruppe, während sie die Gegenseite zu einer Reaktion herausfordern.

Die schnell wachsende Rolle von sozialen Netzwerken und von Kommunikationsformen wie WhatsApp oder andere Messenger-Dienste bleibt nicht ohne Einfluss auf die technische Kommunikation. Der Benutzer gewöhnt sich an eine „Chat-artige“ Kommunikation und verlernt ausführlichere und gründlichere Kommunikationsformen.

Nicht alles, was Silberstein schreibt, ist für die Arbeit von Redakteuren relevant, aber das Buch ist gut recherchiert und liefert dem Leser wertvolle Beispiele und Informationen über das Geschehen im Internet.

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