Technische Dokumentation lässt sich oft optimieren, und die Terminologie zu vereinfachen ist oft ein Ansatz dazu. Aber es ist eine anspruchsvolle Aufgabe. „Bitte entschuldige den langen Brief, ich hatte keine Zeit für einen kürzeren.“ Dieses Zitat wird Goethe zugeschrieben und fasst eigentlich gut zusammen, dass Vereinfachen eine Aufgabe ist, die mit Arbeit verbunden ist. In vielen Unternehmen entstehen größere Mengen an Informationen und Dokumenten, die meistens viele Autoren unter hohem Zeitdruck produzieren. Das schafft natürlich Qualitätsprobleme und redundante Informationen. Erfahrungsgemäß dürften voraussichtlich 5 bis 10% dieser Inhalte durch Vereinfachung eingespart werden können. Diese Erkenntnis ist besonders für Firmen interessant, die mit Redaktionssystemen arbeiten und in mehrere Sprachen übersetzen lassen.
Überflüssige Synonyme und redundante Informationen
Ein Beispiel: „Betriebsartwechsel“ und „Wechsel der Betriebsart“ haben denselben Informationsgehalt. Wurden die gleichen Informationen in getrennten Modulen unter diesen beiden Überschriften in einem Redaktionssystem erfasst, müssen sie mehrfach verwaltet und übersetzt werden. Übertragen auf ein Unternehmen, das bspw. 1000 neue Seiten pro Jahr erstellt und in 10 Sprachen übersetzen lässt[1], würde eine Reduzierung der Wortmenge um 5% ein Einsparungspotenzial in der Größenordnung von 20 TEUR bedeuten.
Vor allem bei Bedienungsanleitungen oder bei Anwendungshandbüchern für Software steht Vereinfachen auf der Tagesordnung. Vorsicht ist jedoch das höchste Gebot, denn man kann auch viel falsch machen.
Drei Informationsarten in technischen Handbüchern
Eine Anleitung hat in der Regel verschiedene Typen von Inhalten:
- Allgemeine Verwaltungsinformationen,
- Erklärende Informationen und
- Anweisungen.
Die allgemeinen Verwaltungsinformationen beinhalten Standardinformationen zu der Navigation im Handbuch, rechtliche Hinweise, Informationen zum Support o. ä. Diese Informationen sollten stark vereinfacht und standardisiert sein, so dass sie in möglichst vielen Dokumentationen und Sprachen wiederverwendet und auch effizient gepflegt werden können. Das ist in der Praxis auch oft der Fall.
Die erklärenden Informationen liefern dem Leser Erläuterungen und Hintergrundinformationen zu Verfahren, zum Sinn und Zweck bestimmter Funktionen oder zur Beschreibung des Produkts. Es sind Informationen, die relativ selten wiederverwendbar sind und daher vor allem im Hinblick auf ihre Verständlichkeit optimiert werden können. Die Sätze sind oft etwas länger und komplexer als bei einfachen Anweisungen.
Anweisungen standardisieren
Die anweisenden Inhalte bieten das größte Potenzial für Wiederverwendung und verdienen daher das Hauptaugenmerk von Autoren, wenn es um Vereinfachung geht. Unter anweisenden Inhalten versteht man nicht nur die reinen Anweisungen wie „Klicken Sie auf Taste F2„, sondern auch die entsprechenden Warnhinweise und Ergebnisbeschreibungen. Anweisende Inhalte betreffen Themen wie Bedienung, Wartung und Entsorgung.
Zum Vereinfachen gehören verschiedene Aspekte. Zunächst geht es um das Entfernen überflüssiger Wörter. Füllwörter wie „schon“ oder „eigentlich“ liefern dem Benutzer keine zusätzlichen Informationen. Sie können durchaus dafür sorgen, dass der Text angenehmer und fließender zu lesen ist, erschweren aber die Wiederverwendung von Inhalten und verursachen Mehrkosten bei Übersetzungen.
Terminologie: ein wichtiges Instrument zur Standardisierung von Texten
Terminologie wird oft als „Vereinfachungsschauplatz“ betrachtet. Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass nicht alle Begriffe gleichermaßen standardisiert werden müssen. Schlüsselbegriffe wie „Bildschirm“ und „Monitor“ oder einheitliche Schreibweisen wie bei „E-Mail“ und „Email“ spielen zweifellos eine bedeutende Rolle und sollten entsprechend vereinheitlicht werden. Jedoch erfordert es unnötigen Aufwand und kann zu Verwirrung führen, wenn man sich bemüht, absolut alle Wörter zu standardisieren.
Die Priorität sollte darauf liegen, Termini zu standardisieren, die Schlüsselbegriffe sind oder wahrscheinlich missverstanden werden könnten. Zum Beispiel besteht bei Begriffen wie „Gefahrstoffschrank“ und „Gefahrstoffsicherheitsschrank“ wahrscheinlich keine Verwechslungsgefahr und daher ist eine sofortige Standardisierung nicht zwingend erforderlich. Im Gegensatz dazu können sehr allgemeine Begriffe wie „Leistung“ in verschiedenen Anwendungskontexten zu Missverständnissen führen. Daher ist eine Standardisierung auf präzisere und eindeutigere Termini vorzuziehen, um Verwirrung zu vermeiden und die Kommunikation zu erleichtern.
Ein Spezialfall risikobehafteter Vereinfachung ist der Austausch von Fachwörtern durch deren Oberbegriffe, etwa „Statusleiste“ durch „Leiste“ oder „Messgerät“ durch „Gerät“. Dahinter steht die Absicht, Textmodule zu generieren, die in möglichst vielen Produktbeschreibungen stehen können. Das Ergebnis ist aber leider oft, dass Übersetzer, die nicht immer den gesamten Kontext haben, diese Fachwörter falsch übersetzen oder auch, dass die Textmodule in einigen Dokumentationen falsche Informationen verursachen, da das beschriebene Produkt im Einzelfall viel enger ausgelegt werden sollte.
Sonderfall: Softwareoberfläche
Diese Situation kommt noch stärker bei Oberflächentexten von Software zum Tragen, denn man hat hier meistens kaum einen Zusammenhang. Da dieselben extrem vereinfachten Texte mit unterschiedlicher Bedeutung in mehreren Dialogen auftauchen können, sind Übersetzungsfehler fast vorprogrammiert. Einen Sonderfall bilden hier englische Substantive, wie „copy“ oder invariable Adjektive wie „right„, die in anderen Sprachen ohne Kontext falsch gebeugt oder umgesetzt werden können. Diese Fehler erscheinen dann erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Software bereits kompiliert oder gar im Umlauf ist. Die Reparatur kostet dann deutlich mehr….
Als letzter Aspekt der Vereinfachung gilt die Syntax. Während bei erklärenden Informationen die Syntax relativ frei sein kann, empfiehlt es sich, sich bei anweisenden Inhalten an einen schlichten und standardisierten Satzbau zu halten: Subjekt – Verb – Objekt, eine Handlung pro Satz, maximal ein Nebensatz pro Satz.
Nützliche Tools für die Vereinfachung von Terminologie
Zum Erkennen und Markieren von Problemstellen gibt es einige anspruchsvolle Produkte am Markt wie Acrolinx oder Congree[2]. Für kleinere Budgets bietet ErrorSpy für Autoren von D.O.G. eine sinnvolle Alternative.
Aber auch ohne Investitionen lassen sich in Dokumentationen einige Probleme erkennen. Eine bewährte Methode bietet das Speichern von Dokumenten in reinem Textformat (txt-Datei) und das anschließende alphabetische Sortieren. Eventuell können als Zwischenschritt Sätze durch Absatzmarken (Punkt und Leerzeichen durch Absatzmarke ersetzen) getrennt werden. Auf diese Art und Weise werden Inkonsistenzen in den Formulierungen wie im folgenden Beispiel schnell sichtbar:
- „Geben Sie Sicherheitsanweisungen auch an Ihr Bedienungspersonal weiter.“
- „Geben Sie Sicherheitshinweise an das Bedienpersonal weiter.“
Fazit
Vereinfachen bedeutet zwar Texte zu erhalten, die manchmal monoton oder unschön sind. Auf der anderen Seite bedeutet Vereinfachen, wenn man es richtig macht, effizientere Dokumentations- und Übersetzungsprozesse durch eine höhere Wiederverwendung vorhandener Inhalte.
[1] Kalkulationsbasis: 220 Wörter pro Seite, durchschnittlich 0,18 Euro pro übersetztes Wort. Laut tekom-Studie 2011, tcworld 2011 von Dr. Daniela Straub übersetzten knapp 20% der untersuchten Unternehmen in 20+ Sprachen.