Style Guide für Lokalisierung

Schreibweise, Typographie und mehr: Style Guides für Übersetzer

Ab und zu taucht im “denglischen” Vokabular der Übersetzungsbranche der Begriff “Style Guide” (Stilrichtlinien) auf. Allein die Häufigkeit seines Erscheinens zeigt, dass ein Style Guide nicht in jeder Situation erforderlich ist.

Was ist ein Style Guide, wann macht es Sinn, einen zu schreiben?

Ein Style Guide fasst wichtige Anweisungen zu Stil, Grammatik, Corporate Wording und Schreibweise zusammen, die für die Konsistenz und Qualität der Übersetzungen unerlässlich sind. Die englische Herkunft des Begriffs deutet bereits auf die Situationen hin, in der ein Style Guide eingesetzt wird: Nicht selten gehört er zum Übersetzungspaket für die Lokalisierung von Software und für die Übersetzung von Anwenderdokumentation. Es tauchen beim Übersetzungsprozess viele Fragen zu Stil und Vokabular auf, die sich mit einem solchen Werkzeug gut beantworten lassen. Microsoft und viele andere führende amerikanische Softwarehersteller haben Style Guides produziert, nach denen sich oft die Style Guides anderer Unternehmen richten.

Was gehört also zu einem Style Guide?

Neben Anweisungen zur neuen deutschen Rechtschreibung und zur Schreibweise von Produktnamen enthält ein umfassender Stilratgeber auch Richtlinien zur Typografie, Interpunktion und zur Verwendung von Akronymen. Er erläutert, wie Begriffe übersetzt oder nicht übersetzt werden sollten und gibt Empfehlungen zur Übersetzung von Softwarebefehlen, zur Terminologie und zur Verwendung bestimmter Verben und Präpositionen. Im Einzelnen:

Schreibweise:

Hier werden Themen behandelt wie die Verwendung der neuen deutschen Rechtschreibung, das Trennen oder Nicht-Trennen von Wörtern, die Schreibweise von Produktnamen (Groß- / Kleinschreibung, Anführungszeichen, Bindestriche o.ä.). Welche Abkürzungen sind zulässig, welche nicht (Microsoft empfiehlt z. B. seinen deutschen Übersetzern “Kilobyte” mit “KB” statt “KByte” abzukürzen)? Was ist mit Akronymen (wie RAM oder WYSIWYG) zu tun?

Interpunktion:

Kommt ein Punkt bei Dezimalzeichen (Microsoft schreibt beispielsweise bei Übersetzungen, die das Wort “inch” beibehalten, auch das Beibehalten des Punktes als Dezimalzeichen vor: “Letter Querformat 11 x 8.5 in”)? Wann endet eine Überschrift mit einem Punkt, wann nicht?

Typographie:

Welche Fonts werden verwendet? Werden bestimmte typographische Effekte für Befehle, Eingaben des Anwenders verwendet (“Geben Sie Passwort ein”)? Wie werden z. B. Elemente der Softwareoberfläche geschrieben wie “Speichern” oder “Datei öffnen” (Fettschrift, Anführungszeichen, Großschreibung…)?

Übersetzbarkeit von Begriffen:

Was wird übersetzt, was soll unübersetzt bleiben: Feldbezeichnungen, Programmcode, Abkürzungen…

Übersetzung von Befehlen:

Aktiv- oder Passivform, Verwendung des Infinitivs (“Auf Taste F2 drücken” oder “Drücken Sie auf Taste F2”), von Höflichkeitsformulierungen (“Bitte…”). Verwendung bestimmter Verben und Präpositionen: Soll man “doppelklicken” oder “zwei Mal klicken” schreiben? Microsoft schreibt z. B. den deutschen Übersetzern die Präposition “mit” statt “zu” mit dem Adverb “kompatibel” vor: “compatible with” = “kompatibel mit”.

Terminologie:

Welche sind die Terminologiequellen, welche Terminologie ist im Konfliktfall prioritär?

Stil:

Ist der Stil formell oder informell? Wie wird der Leser der Übersetzung angesprochen? Wie stark ist die Umsetzung inklusiver Sprache? Und einiges mehr.

Arbeitsanweisungen für den Übersetzer:

Des weiteren können andere Anweisungen in einen Style Guide gepackt werden, die die Arbeit mit Übersetzungsprogrammen betreffen: z. B. Welche Einstellungen sollen bei Trados für die Abzüge vorgenommen werden, welche Regeln sollen bei der Übersetzung beachtet werden, damit der Text nicht falsch segmentiert wird usw. Auch technische und kulturelle Aspekte wie die Sortierung eines Index oder die Verwendung von Beispielen, kulturellen Referenzen oder Farben können in einem Style Guide behandelt werden.

Pflege des Style Guides

Die Aktualisierung und Pflege eines Style Guides sind entscheidend, um sicherzustellen, dass er mit sprachlichen Entwicklungen Schritt hält. Dies beinhaltet die regelmäßige Überprüfung und Anpassung an veränderte sprachliche Normen, um die Relevanz und Nützlichkeit des Leitfadens zu gewährleisten.

Gelten Style Guides aber nur für die Softwareindustrie? Im Prinzip eignen sich solche Mittel bei allen Dokumentationsreihen, die regelmäßig übersetzt werden und das Erscheinungsbild des Unternehmens tangieren. Es macht durchaus Sinn, Regeln zu definieren, an denen sich Autoren und Übersetzer halten sollen. Das Ergebnis ist dann eine höhere Konsistenz der Firmendokumentation, benutzerfreundlichere Handbücher und eine höhere Wiederholungsrate bei Übersetzungsprojekten.

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